
Selbstverständlich hat Dioxin in Futtermitteln nichts zu suchen. Doch es kommt, wie bei jedem Gift, auf die Dosis an. Dioxine sind in der Umwelt weit verbreitet. Sie lagern in den Böden, werden von Pflanzen aufgenommen und von grasenden Tieren gefressen. Normalerweise schadet das niemanden. Seit Industrieöfen und Müllverbrennung mit effizienten Filtern ausgestattet wurden, stammt der Großteil der Dioxinmissionen in Deutschland aus Kaminfeuern und Abfallverbrennung in privaten Gärten. Warum der Biomais aus der Ukraine, der für die Belastung der Eier verantwortlich gemacht wird, besonders viel von dem Giftstoff enthielt, ist noch unbekannt.
Es wird sich zeigen, ob die Behörden und die Öffentlichkeit aus dem Nitrofen- Skandal etwas gelernt haben. Dieser erschütterte die Republik im Jahr 2002, kurz nachdem die BSE- Hysterie Hunderte Landwirte ruinierte. Tausende gesunde Rinder das Leben kostete, welche die Behörden Medienwirksam auf Scheiterhaufen verbrannte. Zwei Minister nahmen unter dessen ihren Hut.
Die Stimmung im Lande stand immer noch auf Alarm, da wurden Spuren des verbotenen Unkrautvernichtungsmittels Nitrofen in Eiern und Geflügelfleisch von Biohöfen entdeckt. Als Quelle der Verunreinigug stellte sich ein Lagerhaus für Futtermittel heraus. Dort hatte man früher einmal das Gift aufbewahrt und die Halle danach nicht gründlich gereinigt. Hunderte von Landwirtschaftsbetriebe wurden vorübergehend geschlossen, Zehntausende Hühner und Puten getötet. Danach untersuchte im Auftrag des Verbraucherschutzministerium die agrarwissenschaftliche Fakultät der Universität Rostock den Fall. Ergebnis: Eine die Gesundheit gefährdende Belastung konnte nicht nachgewiesen werden.
Der neuerliche Dioxin- Eier- Skandal zeigt anderseits, dass die Biobranche gegen Betrug nicht besser gefait ist als die konventionelle Landwirtschaft, und doch trägt sie den Heiligenschein gern. Aber auch die alternative Lebensmittelerzeuger ist längst ein globales Milliardengeschäft und hat dementsprechend bereits eine ganze Kette von Betrugsskandale erlebt. Nicht nur Hühnerfutter kommt aus der Ukraine. Das in Deutschland angebotene Bioobst stammt bereits zu 60 Prozent aus dem Ausland. Viele Betriebe in China, Ägypten und anderswo, die den deutschen Markt beliefern, tun dies nicht aus innerer Überzeugung wie die Pioniere der deutschen Biobewegung. Sie lockt der Extragewinn, den man erzielt, wenn man ein Biosiegel auf die Ware kleben darf.
Gerade Geflügelhalter und Eierproduzenten wurden immer wieder dabei erwischt, dass sie Hühner und Puten ganz konventionell mästeten und dann teuer als Bio verkauften. Die Gewinnspanne beträgt oft bis zu 100 Prozent.
Wissenschaftlich ist längst erwiesen und wird auch von vielen Vertretern der Biobranche gar nicht bestritten, dass Bioprodukte nicht gesünder sind als die Lebensmittel der modernen Landwirtschaft. Betrogen wurde also lediglich der Glaube der Biokäufer. Das System lädt geradezu zur Schummelei ein. Den in der Biowelt bezahlt der Kontrollierte den Kontrolleur. Wenn einem Landwirt das Ergebnis nicht passt, kann er den Prüfer jederzeit wechseln. 22 von Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung anerkannte Biokontrollstellen stehen dafür zur Verfügung.
Amtliche Kontrollen finden nur bei Verdacht auf erhebliche Verstößen statt. Und in vielen Fällen wird nicht einmal kontrolliert, wenn Obst oder Gemüse aus EU- Staaten stammt. Hohe Dioxin und Schwermetallwerte belastet die Böden, Süditaliens, doch kontrolliert wirt nicht. Derweilen steigen die Fälle von Krebserkrankungen in den südlichen Regionen bedenklich schnell an. Die Ursachen sind den Verantwortlichen längst bekannt.