In vielen Städten der Welt nutzen Bauern ungeklärtes Abwasser, um ihre Felder zu gießen.
20 Millionen Hektar Land werden weltweit mit Abwasser bestellt. Die Bewirtschaftung mit gebrauchtem Wasser aus Stadtgebieten oder Fabriken ist nicht nur in eigenen der allerärmsten Ländern üblich, sondern vielerorts gängige Praxis, sagte Liqa Raschid Sally vom International Water Management Institute IWMI am Montag auf einem Kongress in Stockholm. Im Auftrag des IWMI hatten Forscher in 53 Städten den Gebrauch von Abwasser bei der Bewirtschaftung von Feldern im Stadtgebiet untersucht. Nach ihren Ergebnissen benutzen rund 80 Prozent dieser Städte teilweise oder gar nicht geklärtes Wasser für die Landwirtschaft. In fast allen untersuchten Orten wurde sogar mehr als die Hälfte der urbanen Agrarflächen mit Schmutzwasser fruchtbar gemacht. Angebaut werde auf diesen Parzellen vor allem Gemüse und Reis.
Der Einsatz von Abwässern helfe der Stadtbevölkerung, schädige sie aber auch, erklärte Liqa Raschid Sally. In Entwicklungsländern trägt die Bewässerung mit Abwässern erheblich zur Nahrungsversorgung der armen Bevölkerung in Städten bei. Es helfe insbesondere Frauen und frisch Zugezogene vom Land, ihren Unterhalt zu sichern, heißt es in dem IWMI- Bericht. Praktisch daran für die Farmer ist, dass mit dem Schmutzwasser auch Nährstoffe auf ihre Felder gelangen. Wie der Dung von Tieren enthalten auch menschliche Fäkalien düngende Nitrate und Phosphate. Doch gleichzeitig können auf diesem Weg krankmachende Bakterien, Würmer und Schwermetalle auf Grünzeug und Getreide gelangen. Einen Verzicht auf die Technik empfehlen die Forscher aber trotz der Risiken nicht.
Geschätzte 200 000 Einwohner der ghanaischen Hauptstadt Accra, so der Bericht, kaufen täglich Gemüse von nur 100 hektar urbaner Landbaufläche, die mit Abwasser fruchtbar gemacht werden. „Das vermittelt einen Eindruck“, so Raschid Sally, „von dem großen Potential der mit Abwasser bewässerten Landwirtschaft, einer großen Zahl von Verbrauchern in den Städten sowohl zu helfen als auch zu schaden“. Und doch würden „die negativen und positiven Effekte der Landwirtschaft mir Abwasserbewässerung erst seit kurzem aufmerksamer untersucht“, ergänzt der Generaldirektor des IWMI, Colin Chartres.
Die Studie deute auch darauf hin, dass diese Praxis nicht nur weit verbreitet, sondern praktisch unvermeidbar ist. Angesichts der allgemeinen Wasserknappheit haben Bauern im städtischen Umland oft keine andere Wahl, als verdünnte oder unbehandelte Abwässer oder verschmutzte Flusswasser zu nutzen. Dabei sind sich die Landwirte laut IWMI Bericht durchaus Gesundheitsrisiken bewusst, die diese Praxis für sie selbst und ihre Kunden birgt.