
Der Träger des Stockholmer Wasserpreises, John Anthony Allan, über Konsumgewohnheiten
John Anthony Allan vom Londoner King`s College, der 71- jährige Brite hat als einer der ersten auf den Zusammenhang zwischen Ernährung und Wasserverbrauch hingewiesen. So errechnete er, wie viel Wasser für die Produktion verschiedener Konsumgüter benötigt wird. Für eine Tasse Kaffee etwa werden von der Plantage bis zum Endverbraucher 140 Liter Wasser aufgewendet. Um diesen versteckten Verbrauch sichtbar zu machen, erfand Allan das Konzept des „ virtuellen Wasser“.
Im Gespräch:
Frage: Was ist virtuelles Wasser und wie kann es Durst löschen?
Allan: Virtuelles Wasser ist das Wasser, das für die Herstellung von Verbrauchsgütern benötigt wird. Um eine Tonne Weizen wachsen zu lassen, braucht man 1.000 Liter Wasser. Der wichtigste Punkt ist: In Ländern mit Wasserknappheit, wie Ägypten oder Jordanien, kann man leicht Nahrungsmittel importieren. Auf diese Weise lassen sich nun Probleme mit der Wasserversorgung auf einfache Art lösen. Es wird dabei kein echtes Wasser bewegt und darum sprechen wir von virtuellem Wasser. Großbritannien oder Deutschland haben schon lange ein Wasserdefizit sie importieren seit über einem Jahrhundert Nahrungsmittel.
Frage: Was bedeutet Ihr Konzept für den Verbraucher?

Eisvogel
Allan: Ich versuche, mit der Frage zu provozieren: Sie sind ein 2,5 oder ein 5 Kubikmeter Mensch? Konsumieren Sie Nahrungsmittel, zu deren Herstellung täglich 5.000 Liter benötigt werden? Das tun Sie, wenn Sie zum Beispiel viel Fleisch essen. Ihr persönlicher „Wasser- Fußabdruck“ wird dann größer. Der Unterschied zwischen 2.500 und 5.000 Litern ist enorm, besonders wenn man bedenkt, dass wir nur etwa 150 Liter am Tag für Trinken, Waschen, Körperpflege und so weiter verbrauchen. Der größte Wasserverbrauch steckt also im Essen.
Frage: Aber im Supermarkt erkenne ich doch nicht, wie viel Wasser für ein Produkt benötigt wurde.
Allan: Ich kann es verdeutlichen. Wenn Sie Vegetarier sind, vielleicht ab und zu ein wenig Fisch essen, brauchen Sie nur 2,5 Kubikmeter Wasser täglich. Wenn Sie ihren Einkaufwagen mit Fleischprodukten füllen, werden Sie fünf Kubikmeter des kostbaren Nass brauchen. Während für die Produktion einer Tonne Getreide 1.000 Liter Wasser benötigt werden, benötigt man für die Produktion einer Tonne Rindfleisch ganze 16.000 Liter. Als ich jung war, da gab es zweimal die Woche Fleisch und freitags Fisch ich stamme nicht aus einer wohlhabenden Familie. Wenn ich heute durch die Straßen von Berlin oder London laufe, kann ich leicht sechsmal am Tag fleischhaltige Snacks essen. Wir denken nicht über die Konsequenzen unserer Lebensmittel nach, für uns ist Fleisch was ganz normales. Den Bezug für den Wasserhaushalt in der Produktionskette haben wir vergessen.
Frage: Warum spiegelt sich der hohe Wasserverbrauch nicht im Preis wider?

John Anthony Allan
Allan: Unter anderem, weil törichte Regierungen sowie Bauern, in Europa und den USA versuchen, so viel Fleisch wie möglich zu produzieren und zwar mit hochsubventioniertem Getreide. Ihren Wasserverbrauch bezahlt meist die Gemeinschaft.
Frage: Wie kann virtuelles Wasser beim Lösen dieser Probleme helfen?
Allan: Wir Wissenschaftler müssen verstehen, dass unsere rationalen Überlegungen nicht unbedingt angenommen werden, wenn sie auf Kulturen und Gesellschaften treffen. Die Leute sind emotional. Sie sind zum Beispiel stark verbunden mit einer Tradition, die Fleischgerichte zum Mittelpunkt von Festen macht. Politiker wollen Konsumenten und Wähler diese schlechten Verhaltensweisen nicht mit Zwang abgewöhnen. Auch der Markt ermutigt nicht zu gutem Verhalten. Die Wissenschaft muss deshalb lernen. Erkenntnisse besser zu vermitteln. Dabei hilft virtuelles Wasser.
Frage: Gibt es angesichts der wachsenden Weltbevölkerung überhaupt genug Wasser für alle?

Flaschen
Allan: Ich bin immer Optimist gewesen. Aber wenn man den Leuten sagt, es wird genug Wasser geben, glauben sie nicht, dass sie ihr Verhalten ändern müssen. Pessimismus könnte uns also helfen, schneller zu handeln. Neuere Studien sagen: Es gibt genug Süß- und Grundwasser, es ist nur in manchen Regionen üppiger vorhanden. Wir müssen in manchen Gegenden die Produktivität der Landwirtschaft erhöhen, in Afrika zum Beispiel. Es ist kompliziert. Man muss vereinfachen und den Leuten vor allem den Zusammenhang zwischen Nahrungsproduktion und Wasserverbrauch klar machen.
Frage: Essen Sie noch Fleisch?
Allan: Ich habe in den letzten Jahren gelernt, dass es sehr wichtig ist, auf diese Frage mit gutem Gewissen antworten zu können: Nein, ich bin Vegetarier. Sie sehen, es ist, möglich, seine Ernährung zu ändern. Es war gar nicht unangenehm.
Frage: In welcher Form mögen sie Wasser am liebsten?
Allan: In meiner Jugend war ich oft in den Bergen und liebte das frische Quellwasser. Ich trinke gerne Leitungswasser. Ich denke nur ungern daran, dass viele Menschen Wasser in Flaschen kaufen. Wasser, das nicht immer besser ist als das aus der Leitung. Es gilt das Gesetzt der Vermarktung und dank der Dummheit der Verbraucher, die oft mehr bezahlen, als für die gleiche Menge Benzin, ist das Geschäft mit dem Wasser ein sehr lukratives geworden. Das ist außergewöhnlich. Und es zeigt, dass die Menschen nicht immer die Kosten ihres Handelns überblicken. Vergessen wird auch, das der Menschen ohne Wasser nicht leben kann. Wer Wasser zur Handelsware Macht, versündigt sich an unseren Planeten. Wasser ist das wichtigste Element, ohne dem kein Leben auf dieser Erde möglich ist.