Es gibt Gold überall in der Welt. In der Türkei, in den Alpen, in den Meeren, unter jeder Fußgängerzone; einfach überall. Allerdings gibt es dieses Gold fast nur noch in Form von Goldstaub; ein Vorkommen wird deshalb zunächst nicht in Tonnen, sondern in „parts per million“ (ppm) gemessen, also danach, wie viele Teile Gold jeweils in einer Million Teile Erde und Gestein enthalten sind. In der Gegend von Bahcedere (Türkei) werden vier ppm vermutet, das heißt: vier Gramm Gold pro Tonne Erde und Gestein. Vier von vier Millionen Gramm. 200 Kilometer östlich von Izmir (Türkei) hat der Minenbetreiber Tüqrag eine Goldmine errichtet, obwohl es dort nur etwa ein ppm gibt. An solchen Winzigkeiten kommt man mit der Spitzhacke nicht heran. Also wird das Gestein gesprengt, in eine Mühle gefahren und zermahlen; anschließend gibt man die Brösel in ein Bad, das nicht nur aus Wasser besteht sondern aus Zyanid, dem Salz der Blausäure, das schon in einer Dosierung von 50 Milligramm für den erwachsenen Menschen tödlich ist. Zyanid löst das Gold vom Gestein. Danach wird dieser Zyanidwassergoldschlamm mit Kohle versetzt an deren Oberfläche bleibt das Gold hängen. Anderthalb Jahrzehnte wird es dauern, dann wird in der Mine bei Iznir alles ausgebeutet sein. 115 Millionen Tonnen Erzgestein werden bis dahin gesprengt. Den Schlamm mit dem Zyanid kippen die Minenbetreiber in ein Staubecken, dessen Boden sie mit Plastikfolie abgedeckt haben. Vorausgesetzt, die Folie hält, so bleibt dieser Schlamm dort für ewig. Ein Teil des Zyanids wird als Blausäure in die Atmosphäre entweichen und mit dem nächsten Regen wieder auf die Erde sinken.
Welcher Schmuckliebhaber wisse das schon, wenn er bei einem Juwelier einen Ring erwirbt, der 6 Gramm Gold enthält. Stammt das Gold auf der Gegend von Izmir, so wären 6 000 000 Gramm Gestein, sechs Tonnen gesprengt, zermahlen und mit Zyanid versetzt worden. Folgt man weiter der Durchschnittsrechnung, wonach fürs Herauslösen jedes Gramm Gold 300 Liter Wasser nötig sind, so wurden für 6 Gramm Gold 1 800 Liter Wasser verbracht. Im Nationalpark Hohe Tauern in Österreich werden 18 ppm geologisch festgestellt.
Läge eine Lösung darin, kein türkisches Gold mehr zu kaufen, ja, überhaupt kein Gold mehr, das irgendwo auf der Welt neu gefördert wird? Diesen Edelmut kann man schlicht und einfach vergessen. Denn herauszufinden, woher das Gold für den Ring stammt, welcher Landstrich dafür zerschreddert worden ist, ist unmöglich.