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You Are Here: Home » Atomkraft » Die Asse war und ist das falsche Atommülllager

Asse II

Asse II

Im Streit um die sichere Lagerung radioaktiven Atommüll ging es bislang vor allem um geologische Fragen. Bieter, beispielsweise, ein unterirdischer Salzstock wie in Gorleben die Gewähr dafür, eine strahlende Abfallmasse eine Million Jahre lang sicher abzuschirmen? Wäre ein Granitvorkommen oder ein Lager aus Ton nicht doch die bessere Lösung?
Seit einigen Wochen aber diese Fragen durch eine andere verdrängt: Wem in Deutschland kann man Atommüll auch nur für einige Jahrzehnte gefahrlos anvertrauen? Die Frage stellt sich, weil aus einem ersten Atommülllager, dem südlich von Braunschweig gelegenen Salzstock Asse II, Unglaublich bekannt geworden ist. Seit Jahrzehnten dringt Wasser in den Salzstock. Inzwischen ist es durch den Kontakt mit dem lediglich in Stahlfässern verpackten Atomabfall radioaktiv belastet, während die ausgelaugten Wände der Lagerstätte einzustürzen drohen. Schlimmer noch: Eine Aufsichtsbehörde, das niedersächsische Landsamt für Bergbau, Energie und Geologie in Clausthal- Zellerfeld, wusste bescheid und sah keinen Anlass, das Umweltministerium oder die Öffentlichkeit zu warnen.

Was hat man sich in Clausthal – Zellerfeld bei dieser Art Informationspolitik gedacht? Das Bergbauamt verweist an das niedersächsische Umweltministerium, wo lediglich zu erfahren ist, dass man die Vorgehensweise des Bergamts missbillige und einen Referatsleiter versetzt habe. Und was hat das Münchner Helmholtz Zentrum, der Betreibe des Lagers, zu seiner Rechtfertigung vorzubringen? Man habe seinerzeit ja immerhin das Bergbauamt informiert, heißt es, und dass man sich nun „konsequent für die Aufarbeitung“ dieser Angelegenheit einsetze.
Kann man solchen Betreibern Trauen? Der Schrecken ist auch in den Reihen der Wissenschaftler angekommen, die sich mit Kernenergie und Atommüll beschäftigen. Bisher verließ man sich auf die Ergebnisse der Kollegen. Nach den Erfahrungen aus der Asse fällt das nicht mehr so leicht. „Was da passiert ist, das ist vielen von uns in die Knochen gefahren“, sagt Klaus Jürgen Röhling von der TU Clausthal. Als die neu formierte Entsorgungskommission der Bundesregierung zur neuerlichen Erörterung möglicher Atommüllendlager zusammentrat, „haben wir uns gegenseitig tief in die Augen geschaut“.

Asse II

Asse II

Seit 1968 wurden in dem ehemaligen Salzbergwerk in Ostniedersachsen radioaktive Abfälle in Fässern eingelagert. Offiziell ging es um die Erprobung dieser Lagertechnik. Wer aber einmal die chaotisch aufgehäuften Fässer zu Gesicht bekomme hat, wird bezweifeln, dass in der Asse je etwas andres als die endgültige Lagerung dieser Abfalls vorgesehen war. Das kerntechnische Forschungszentrum in Karlsruhe musste seinen Atommüll loswerden: das Lager in der Asse nahm ihn auf. 1978 wurde die Einlagerung beendet, nachdem eine Änderung des Atomrechts in Kraft getreten war, die für die Unterbringung weiterer Fässer ein aufwendiges Genehmigungsverfahren erfordert hätte. 126 000 Fässer mit strahlender Substanz liegen seither in den unterirdischen Salzstock.

Auch in der Frage der Verlässlichkeit von Prognosen über die Entwicklung von Bodenformationen ist der Befund aus dem Asse- Versuch ernüchternd. Ein Wassereinbruch sei „höchst unwahrscheinlich“, heißt es in einem Gutachten aus dem Jahre 1966, verfasst von dem späteren wissenschaftlichen Leiter von Asse II. Aussagen dieser Art müssten sich weit über hunderttausend Jahre lang bewähren, sollen die Gefahren einer unterirdischen Atommülllagerung nicht unkalkulierbar werden. Im Fall der Asse heilt die Vorhersage kaum mehr als zwanzig Jahre. Spätestens von 1988 an lief Wasser in das Endlagerbergwerk, bis zu zwölf Kubikmeter täglich. Die Salzflanken des Grubengebirges sind so weit abgetragen, dass von 2020 an der Einsturz droht.

Atommülllager-Morsleben

Atommülllager-Morsleben

An den Vorgängen in der Asse waren viele Institute und Institutionen der deutschen Atomgemeinde beteiligt. Aber sie sorgten nicht für Aufklärung. Licht ins Dunkel unter Tage brachten Bürger aus der „Begleitgruppe“ die im Auftrag des Landkreises Wolfsbüttel die Planungen für die Schließung von Asse II beobachtet. Die Gruppe wurde stutzig, als sie von regelmäßigen Messungen der Radioaktivität bei den abgepumpten Laugen las, aber keine Messergebnisse erfuhr. Auf Nachfrage wurde ihr eine Cäsiumbelastung in der Größenordnung der Umwelt- Radioaktivität mitgeteilt. Cäsium, das so stark strahlt, kommt aber nicht natürlich in der Umwelt vor. Damit war klar, dass das Wasser längst seinen Weg in die Einlagerungskavernen mit dem radioaktiven Müll gefunden hatte.

Und nun? Seit Jahresanfang hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den betrieb der Asse übernommen. Es untersteht dem Bundesumweltministerium. Zum ersten Mal soll die Atomanlage nach Atomrecht behandelt werden. Im BfS steht man dem ganzen Projekt inzwischen skeptisch gegenüber. „Es war falsch, diesen Standort überhaupt als Endlager auszuwählen“, sagt ein Mitarbeiter. Eine Arbeitsgruppe erörtert nun öffentlich die technischen Alternativen, die sich angesichts des Desasters noch bieten. Ursachenforschung will das Ministerium dagegen nicht betreiben. Es sei jetzt nicht die Zeit für Schuldzuweisungen.

Worauf kann sich der Bürger nun verlassen? Wenn alle Politik, Forschung und Industrie ihre Finger im Spiel hatten. Die vollständige Sanierung der Asse II wird, so Schätzungen mehrere hundert Millionen Euro kosten, was der Steuerzahler zu schultern hat. Eine Lagerstätte für Radioaktiven Atommüll gibt es nicht. Also wohin mit dem Atommüll?

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