Experten der Internationalen Atomenergiebehörde sind bereit, Japan bei der Dekontaminierung der verstrahlten Gebiete zu unterstützen. Bisher sind ausländische Experten meist frustriert nach Hause zurückgekehrt.
In Fukushima sind nun 16 Experten der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) eingetroffen. Sie wollen die bisherigen Dekontaminierungsarbeiten sorgfältig analysieren und darlegen
wie man am besten die verseuchten Abfälle entsorgen kann.
Das Team wurde von der japanischen Regierung eingeladen, nachdem sie und die Betreiberin Tepco auf einer IAEA-Tagung im September scharf kritisiert worden waren. Ein IAEA-Experte hielt Japan vor, es habe bisher kaum mehr getan, als verstrahltes Wasser in Tanks zu lagern. Er bezweifle, dass Japan eine Lösung habe, wie es die bereits 435’000 Tonnen verstrahltes Wasser entsorgen könne. Den Japanern wurde auch vorgehalten, über die diversen Lecks nur verzögert und unvollständig informiert zu haben. Immer wieder, zuletzt vorletzte Woche, tritt stark verseuchtes Wasser aus und fließt in den Pazifik, teilweise mehrere Hundert Tonnen. Dabei wurden jüngst auch Arbeiter verstrahlt, sie hatten die Schläuche nicht korrekt angeschlossen.
Tepco schlampt und spart auch beim Aufräumen des Desasters. Die angelernten Helfer erhalten nur den Minimallohn, das Material ist mangelhaft. Inzwischen ist dieser Vorwurf amtlich: Der Chef der neuen japanischen Atomaufsicht Shunichi Tanaka kommentierte Tepcos Gesuch, in der Präfektur Niigata zwei Reaktoren wieder anzufahren: Er zweifle an Tepcos Kompetenz, ein AKW zu betreiben.
Die japanische Regierung wies die Vorwürfe an der IAEA-Tagung zurück. Die Belastung des Meeres sei stets unter den Grenzwerten geblieben, welch kurz nach der Explosion angehoben wurden. Japanische Lebensmittel seien unbedenklich. Allerdings werden die Grenzwerte vor allem deshalb nicht überschritten, weil die Strömung die radioaktive Fracht verdünnt und weit über den Pazifik verteilt.
Die IAEA-Delegation wird sich auch die Dekontaminatierung ganzer Dörfer anschauen, die von Tokio vorangetrieben wird, um sie für die Rückkehr der noch 150’000 Fukushima-Flüchtlinge freizugeben. Oder ihnen jedenfalls keine Entschädigungen mehr zahlen zu müssen. Viele Experten halten diese Dekontaminatierung für zwecklos. Schon der nächste Regen spült wieder mit radioaktivem Cäsium verseuchtes Wasser aus den Wäldern in die bewohnten Gebiete. Zudem stehen überall in der Gegend riesige Müllsäcke mit verstrahltem Abfall herum, der irgendwo zwischengelagert werden soll.
In den letzten Monaten besuchen immer wieder ausländische Experten Fukushima. Die meisten reisen frustriert nach Hause, weil die Japaner ihnen die Ruine zwar freundlich zeigen, aber keinerlei Rat oder Hilfe wollen.
Tepco und die Regierung klammern sich an die fantastische Vorstellung, die strahlende Ruine mit einer tiefen künstlichen Permafrost-Mauer einzufassen. Sie will den Boden viele Meter tief und für viele Jahre gefrieren, damit verseuchtes Wasser nicht mehr aus- und Grundwasser nicht mehr eintreten könne. Gregory Jaczko, der frühere Vorsitzende der US-Nuklearaufsicht, meint dazu: Oft ist die einfachste Lösung die beste, und das scheint mir nicht die einfachste zu sein.
Nach seinem Besuch kam Jaczko zum Schluss: Die Kernenergie ist eine Technologie, die sich für Japan nicht eignet. Und vielleicht für kein Land der Welt. Die Risiken sind nicht akzeptabel. Im November will Tepco mit der Bergung der Brennstäbe aus dem beschädigten Abklingbecken von Block 4 beginnen. Die Risiken dieser heiklen Aktion dürften zu den wichtigsten Themen der IAEA-Delegation gehören.
Nun plant die japanische Regierung ein Gesetz, welches Kritikern der Regierung, mit Haft oder 20.000 Dollar bestrafen soll. Soviel zur Transparenz!