Bei der Dekontamination der ehemaligen Sperrzone um die zerstörten Atommeiler von Fukushima geht es nicht mit rechten Dingen zu. Reinigungsfirmen missachten regelmäßig die Auflagen des Umweltministeriums. Kameras dokumentierten, wie eingesammeltes Material in Flüssen und abgelegenen Waldstücken landete.
Bei der Reinigung von jeweils zwanzig Meter breiten Streifen entlang den Straßen werden verstrahltes Gras, Laub und Unterholz teilweise einfach außerhalb dieser Zonen deponiert. „Das ist verantwortungslos so Strahlungsexperte der Universität Kobe.
Dächer und Wände von Gebäuden dürfen eigentlich nur mit der Hand dekontaminiert werden, damit sich die Strahlung nicht weiter verbreitet. Stattdessen kommen Hochdruckreiniger zum Einsatz. Das ablaufende Wasser mit den radioaktiven Teilchen, das eigentlich aufgefangen werden muss, läuft in die Kanalisation.
Erneut zeigen sich Japans Behörden beim Umgang mit Radioaktivität überfordert. Unter der Hand rechtfertigen Baufirmen ihre Methoden mit Zeitdruck. Für die vorschriftsgemäße Reinigung eines Wohnhauses bräuchten fünf Arbeiter drei Tage, mit einem Hochdruckreiniger nur zwei Stunden.
Für die erwarteten 29 Millionen Kubikmeter Abfall – 33 Sportstadien voll – gibt es kein Zwischenlager, sodass überall große Haufen von schwarzen Plastiksäcken herumliegen. Viele Arbeiter fühlen sich angesichts ihrer Sisyphosarbeit frustriert. Regen und Wind könnten die gereinigten Zonen jederzeit neu kontaminieren. Daher gebe es ein moralisches Vakuum bei der Beachtung der Vorschriften.
Die ganze Dekontaminierung scheint sich zum Selbstzweck entwickelt zu haben. Für umgerechnet sechs Milliarden Euro werden Gebäude, Plätze und Straßen in vier von elf der am meisten verstrahlten Orte gereinigt. Die Radioaktivität soll dort langfristig auf unter zwei Millisievert pro Jahr sinken.
Doch die angewandten Methoden sind primitiv und ineffektiv. Zwar wurden einige neu entwickelte Verfahren der Dekontaminierung offiziell für tauglich befunden. Aber den Zuschlag erhielten am Ende Baukonzerne wie Kajima, der ironischerweise auch die Reaktorgebäude von Fukushima errichtet hatte. Die Konzerne haben mehr Mitarbeiter und Ressourcen und erfordern weniger offizielle Betreuung.
Mit ihrer Aktion will die japanische Regierung die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass die Folgen des Atomunfalls beherrschbar sind und ihr das Schicksal der vertriebenen AKW-Anwohner am Herzen liegt. Inzwischen sieht es aber so aus, als behielten Kritiker wie Greenpeace recht, die von einem Täuschungsmanöver ausgehen.
Dafür sprechen Aussagen von Arbeitern, wonach gezielt die Zonen in 20 Meter Umkreis der Messstationen gereinigt werden. Dadurch erhält die Regierung die notwendigen Erfolgsdaten um bis November 2014 zwei Atomkraftwerke wieder in betrieb nehmen zu können. Die japanische Wirtschaft braucht billigen Atomstrom.